Biographie
Geboren mit lupenrein linksrheinisch-pfälzischer Abstammung am 5.2.1954 in Ludwigshafen am Rhein, aber aufgewachsen im (damals) 4000-Einwohner-Dorf Waldsee zwischen Ludwigshafen und Speyer; dort heute noch mein erster Wohnsitz (der zweite, mit meinem Schreibtisch, ist in Mannheim). Ab 1960 Volksschule im Ort, ab 1964 Besuch des Altsprachlichen Gymnasiums Speyer (heute, leider: "Gymnasium am Kaiserdom") mit Latein als erster und Griechisch als dritter Fremdsprache, ansonsten Englisch und (wegen des Griechischen) kein Französisch; 1972 Abitur gemacht. Drei Semester Soziologie und Geschichte an der Universität Mannheim, ab Sommersemester 1974 an der Uni Heidelberg weiterstudiert, mit Mittlerer und Neuerer Geschichte als Hauptfach, Alter Geschichte und Soziologie als Nebenfächern; Dezember 1977 Abschluß mit dem schönen Titel "M.A. (Heidelberg)".
Mit dem man beruflich wenig anfangen konnte; darum in den Jahren danach zahlreiche Jobs als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter, vorwiegend (aber drei Monate BASF waren auch dabei) bei der Post; damals noch ein Staatsunternehmen, das immer Leute brauchte, z.B. als Briefträger, Paketverteiler oder Schichtarbeiter bei der Briefabgangsstelle Ludwigshafen. Alles in allem eine Zeit, die ich nicht bedauere und die mich auch nachhaltig geprägt hat.
Zu schreiben angefangen habe ich gegen Ende meiner Studentenzeit: Schallplatten-Besprechungen (unbezahlt) für die Zeitschrift "Jazz Podium", dann gelegentliche Jazz-Konzertkritiken für die pfalzweite Tageszeitung "Die Rheinpfalz", schließlich, von 1981 bis 1984, regelmäßige Jazz- und Rock-Kritiken für den "Mannheimer Morgen"; nach einer langen Unterbrechung auch heute gelegentlich wieder, Kürzel: swm.
Jazz hörte ich seit 1967, betrachte mich auch, obwohl ich außer meiner (immer noch in Gebrauch befindlichen) mechanischen Schreibmaschine kein Instrument spiele, dem Lebensgefühl nach als Jazzer. Ein (zu Recht) verständnisloser Leserbrief von mir auf einen "Jazz Podium"-Artikel von Jazz-Papst Joachim Ernst Berendt über angeblich faschistoide Tendenzen in Jazz und Rock hat meine Schreiberei überhaupt erst in Gang gebracht; und mir damals, es dürfte 1976 gewesen sein, auch gleich eine einstündige Jazzsendung beim NDR eingebracht.
Für den NDR habe ich seither nie mehr gearbeitet, aber ich hatte Blut geleckt. Auch wenn's bis zu meiner nächsten Jazz-Radiosendung, dann beim Hessischen Rundfunk, gedauert hat bis 1981. Dazwischen - und zwischen den Arbeiter-Jobs - lagen 1979 einige Monate Hörfunk-Volontariat beim hr und 1981 einige Monate Redakteurstätigkeit beim Karlsruher Stadtmagazin "KiK".
Meine gelegentlichen Sendungen für die hr-Jazzredaktion (verantwortlicher Redakteur war damals Ulrich Olshausen, dem ich einiges zu verdanken habe) führten 1984 zu dem Angebot, die Sendeplätze des gerade verstorbenen langjährigen hr-Jazz-Mitarbeiters Olaf Hudtwalcker zu übernehmen. Dies gab mir, obwohl ich das Angebot nur teilweise wahrnahm, die Möglichkeit, mit Jazzsendungen fortan meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Zu einem guten Teil gilt das bis heute. Zur Zeit gestalte ich abwechselnd mit Kollegen im Radio-Programm hr 2 die Sendereihen "Live Jazz" (sonntags ab 19.05 Uhr) und "Die hr-Bigband" (samstags ab 19.05 Uhr). Allein zuständig, als Autor und Aufnahmeleiter, bin ich für die "Swingtime mit Bill Ramsey" (freitags ab 19.30 Uhr) - vielleicht die älteste noch bestehende Hörfunksendung in Deutschland, denn es gibt sie (in den ersten Jahrzehnten unter dem Titel "Swingparty" und mit anderen Moderatoren) seit den 1950er Jahren; für mich war's in den späten Sechzigern die erste Jazzsendung, die ich gehört habe. Sie dann, seit den frühen Achtzigern, selbst machen zu dürfen, war und ist eine große Herausforderung: allein schon die Aufgabe, immer wieder aufs Neue, buchstäblich Hunderte von Malen, für eine knappe halbe Stunde Musik zusammenzustellen, so, daß es den Hörern und einem selber nicht langweilig wird. Da lernt man, was (im literarischen Sinne) Form ist.
Neben meiner hr-Tätigkeit arbeite ich seit einigen Jahren für die Landeskultur-Redaktion des SWR in Mainz. Dort hat man (genauer gesagt, die Redakteurin Franziska Kottmann) mir die Chance gegeben, größere (knapp einstündige) Hörfunk-Features zu schreiben; über rheinland-pfälzische Themen, die von Separatismus über Jazz in der Region bis zu Hühnerzüchtern im Raum Ludwigshafen reichen. Seit Anfang 2006 bin ich (gelegentlich) auch für das SWR 2-"Journal aus Rheinland-Pfalz" tätig: die klassischen Vier-Minuten-Magazinbeiträge (hier über Kultur-Ereignisse im Lande), die ich als Hörfunk-Volontär einst kennengelernt und nun, mit über 2000 Sendungen auf dem Buckel, als Übungen in der kleinen Form schätzen gelernt habe. Nebenbei bemerkt, bringen sie das nötige Kleingeld in die Kasse des freiberuflichen Autors.
Nicht zu vergessen: Ich darf mich als einen der Pioniere des Privat-Rundfunks betrachten! Jedenfalls war ich - am 1. Januar 1983, wenn ich mich recht erinnere - am ersten Tag des privaten Hörfunks in Deutschland auf Sendung, mit einer Vorschau auf eine wöchentliche Jazzsendung von einer Stunde Länge, die ich dann ein Jahr lang für "Radio Weinstraße" zusammengestellt und gesprochen habe, im Rahmen des seinerzeitigen Kabel-Pilotprojektes Ludwigshafen. Als das Jahr um war, hatte der Privatfunk gegenüber dem Landtag in Mainz seine Funktionsfähigkeit erwiesen, und der Jazz seine Schuldigkeit getan. Radio Weinstraße wurde zum Vorläufer des Senders RPR.
Und zu alledem (um nicht zu sagen zu allem Überfluß) beschäftige ich mich auch noch mit der Erforschung des Separatismus in der Pfalz. Die Idee dazu kam von Gerhard Gräber. Mitte der siebziger Jahre hatten wir uns beim Geschichtsstudium in Heidelberg getroffen, eine Zeitlang dort auch in einer (natürlich rein pfälzischen) Vierer-Wohngemeinschaft gewohnt und nach dem Examen das gemeinsame, aber zunächst ziemlich diffuse (am besten wohl "sponti-mäßig" zu nennende) Bedürfnis gefühlt, irgendetwas auf historischem Gebiet unternehmen zu wollen; etwas jenseits seiner beruflichen Tätigkeit als Geschichtslehrer und erst recht meiner bei der Post bzw. als Volontär beim hr.
Das Etwas nahm Gestalt an, als mich Gerhard im Herbst 1979 in Frankfurt besuchen kam und eine folgenschwere Frage stellte: "Hast du schon mal was gehört von Separatisten bei uns in der Pfalz?" Meine Antwort, auch typisch Pfalz: "Das waren doch die, die uns nach dem 1. Weltkrieg an Frankreich verkaufen wollten" - damit gab ich wieder, was mein Vater mir im Alter von fünf oder sechs Jahren mal (in Zusammenhang übrigens mit einer Erklärung des Begriffs "Feme") gesagt hatte. Über diese Volksmeinung hinaus (und über die ein paar Jahre später bei der Kommunionfeier eines Cousins im "Wittelsbacher Hof" zu Speyer gesehenen Einschußlöcher in der Holzvertäfelung) hatte ich zu dem Thema nie was gehört. Gerhard hatte davon überhaupt nichts gewußt; er war bei der Vorbereitung einer Schulstunde durch ein paar Zeilen in seinem Lehrer-Handbuch darauf aufmerksam geworden und hatte das Gefühl gehabt, daß hinter der Sache mehr stecken könnte: eine verschüttete und inzwischen allgemein verdrängte autonomistische Tradition in der Pfalz, vergleichbar den Autonomiebestrebungen im Baskenland, in Katalonien, Okzitanien und anderen europäischen Regionen?
Das war, wie sich für uns rasch herausstellen sollte, ein Mißverständnis, aber es war der Ausgangspunkt. Zumal wir feststellen konnten, daß hier eine Forschungslücke klaffte, von der Historiker sonst nur träumen können. Die Vernachlässigung des (nicht nur pfälzischen, auch rheinischen) Separatismus-Themas durch die Fachhistorie, der verdächtig kurze Prozeß, der den Separatisten durch die Volksmeinung bereitet wurde, dazu bergeweise unausgewertetes Quellenmaterial in den Archiven: Das war das Szenario, das uns aktiv werden ließ. Alles weitere ist nachzulesen in unseren Veröffentlichungen, den bisherigen und den künftigen.
Matthias Spindler, 9. Mai 2007
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Bibliographie Matthias Spindler (Auswahl)
Magisterarbeit an der Universität Heidelberg 1977 über die "Agricultural Adjustment Administration" 1933-1935, einen agrarischen Teilbereich von Franklin D. Roosevelts "New Deal" (ein Exemplar in der Pfälzischen Landesbibliothek Speyer)
"Kein Biedermeier auf dem Dorfe: Heßheim im 19. Jahrhundert", in: Heßheim. Geschichte eines pfälzischen Dorfes, Band II, hrsg. von Erwin Schnell und Gerhard Nestler, Heßheim 1993
"Einer fiel aus dem Separatistennest. Schifferstadt und die Autonome Pfalz 1923/24", in: Schifferstadt. Geschichte und Geschichten, hrsg. von der Stadt Schifferstadt 1998
"'Der richtigste Mann für uns arbeitendes Volk'. Der Fall Karl Beck 1924/25: Schifferstadts Katholiken im Kirchenkampf", in: Schifferstadt. Geschichte und Geschichten, hrsg. von der Stadt Schifferstadt 1998
"Hintergründe und Folgen der 'Hoffmann-Aktion' vom Oktober 1923", in: Die pfälzische Sozialdemokratie. Beiträge zu ihrer Geschichte von den Anfängen bis 1948/49, hrsg. von Manfred Geis und Gerhard Nestler, Edenkoben 1999
Hörfunk-Features (Auswahl)
"Anatomie eines Attentats: Die Erschießung des Franz Josef Heinz, genannt Heinz-Orbis, am 9. Januar 1924 in Speyer" (SWR 2002)
"Tragödie in Jazz: Der Schlagzeuger Hartwig Bartz" (SWR 2003)
"Das Kulturereignis: Glenn Miller zum 100. Geburtstag" (hr 2004)
"Leise war er nie: Der Pianist und Komponist Wolfgang Lauth. Porträt eines Unerschrockenen" (SWR 2004)
"Aufstand der Anständigen: Der Bernkasteler Finanzamtssturm im Februar 1926" (SWR 2005)
"Jazz im aufrechten Gang: Emil Mangelsdorff wird 80" (hr 2005)
"Ticket 24: Erlebnisse mit Bussen, Bahnen und Menschen" (SWR 2006)
"Herr und Huhn: Von Rassegeflügelzüchtern und ihren gefiederten Freunden" (SWR 2007)
Fernsehfilme
"Albert Mangelsdorff: Ein Leben für den Jazz" (hr 1994)
"Mensch sein, heißt Kämpfer sein: Ein Porträt des bayerischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann" (Bayerischer Rundfunk 1997, zusammen mit Klaus Tröster)
10. Mai 2007